Über den Frieden und die Einfachheit
Frieden ist nicht einfach. Er muss im Herzen anfangen und über die Grenzen hinweg strahlen. Ohne, dass irgendeiner daran zugrunde geht. Nicht jeder mag den Frieden. Er ist eine lästige soziale Struktur, die viele von ihrem Tun abhält. Pläne von wilden freien Menschen, die sich Alles nehmen können oder sogar das Leben anderer nehmen, nur weil man es kann oder will? Diese Denkstrukturen erinnern mich an einen Spruch aus dem babylonischen Talmud:
„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf dein Charakter, denn er wird dein Schicksal.“
Dieser Spruch hat so viel in sich. Sehr viel Wahrheit. Ich sollte den ganzen Talmud lesen. Häufig sind Gedanken schon gedacht worden.
Ohne, dass man es weiß, waren die Gedanken schon einmal auf dieser Welt – vielleicht von einem Weisen oder einem träumenden Kind gedacht. Vielleicht sogar niedergeschrieben, gesprochen, ein Schicksal geworden. Und doch können und sollten wir das dürfen. Oder nicht?
Das Paradoxe
Zudem sind Wut und Zorn auch in vielen Gedanken wieder gegenwärtig. Werden sie zu Worten geformt, können diese schon riesige Berge versetzen. Ohne dass man es wollte, waren die Taten die Folge der ausgesprochenen Worte.
So ist es mit den Extremen: sie versetzen gleich Berge und sind kein Gras oder eine Blume oder ein Baum, die langsam und elegant natürlich wachsen. Wie ein Orkan, wie ein Sandsturm fegen die Taten, die das Schicksal von so vielen Menschen betrifft, über tausend Herzen. Ein Wirbelsturm der Gefühle, Emotionen. Wann kommen sie zur Ruhe?
Bis heute kann man extreme Wetterphänomene nicht unbedingt vollständig erklären. Wir können nur beobachten und beschreiben und uns so ein näheres Verständnis aufbauen. Warum ausgerechnet der Vulkan zu jener Zeit ausbricht, kann man begründen. Aber reicht ein Wissen aus, um auch wirklich zu verstehen? Begreifen und Wissen sind zwei verschiedene Schuhe. Möge man den Menschen so oft sezieren und psychologisch untersuchen, verstehen, warum er etwas getan hat… oder auch beendet hat, ist in manchen Situationen schier unmöglich. Es gibt Stürme, die aufziehen und sofort vergehen – andere bleiben Tage am selben Fleck.
Das Prinzip Frieden ist nicht einfach zu verstehen. Wir alle für uns selbst wissen, wie unser Frieden aussehen kann. Aber gemeinsam zusammenzuwachsen in demselben Friedenskollektiv ist für manche unvorstellbar. Zu anders sind die Gedankengänge. Manche kratzen nur an der Oberfläche. Und manche haben die mittleren Ebenen eines Friedensprinzips für sich entdeckt. – Schließlich sind manche so tief in den philosophischen Begriffswelten eingetaucht, dass kaum ein anderer sie versteht und sich noch nicht einmal Wissen aneignen kann.
Die Einfachheit des Friedens?
In der Kirche wird immer häufiger an die Einfachheit appelliert.
Als ein Teil des La Budés-Teams in Taizé war, konnten wir diese Einfachheit sehen und erkennen. In einer kleinen Gegend in Burgund; dort kann man die Einfachheit sehen, erleben, erkennen, verstehen, hören und mit in sein eigenes Leben nehmen.
Übertragen wir diese Einfachheit schon in unser Leben? – Viele möchten demonstrativ ausdrücken, dass das Leben nicht einfach ist. Es ist für manche sogar fast nicht möglich. Eine Brücke, die wir bauen müssen, ist eine Nicht-Absprechen Brücke. Bestückt mit vielen Händen, die tragen. Eine Brücke, die viele Ohren hat, zum Zuhören. Sowie Arme, die umarmen. Wer zuhört kann viel einfacher auf Bedürfnisse von anderen zugehen. Und auch wer in sich hört wird viel einfacher seine Bedürfnisse kennenlernen.
Ich habe gemerkt, wer eine ruhige angenehmen Charakterzug hat, versteht so manchen Trubel nicht. Sich mitreißen zu lassen und in einer lauten Musikparade abzugehen. Auch hier kann man eine Leichtigkeit verspüren.
Der Grundrespekt, die Unantastbarkeit der Würde, welches Phänomen noch in der Philosophie nicht ganz ausbegründet wurde, müssen die Pfeiler einer Gemeinschaft sein. Diese Gemeinschaft betrifft jeden. Jeden, der seinen Frieden in sich verspüren möchte.
Einfachheit ist nicht einfach. So viele mögen es Extravagant. Vollgestopft. Alles wird gesammelt. Gekauft. Konsumiert. Hierbei verlieren wir die Schönheit der Einfachheit. Denn wer viel hat, kann leicht von alledem abhängig werden. Und aus dieser Abhängigkeit auch viel verlieren. Ich fand den Spruch: Weniger ist mehr. Beziehungsweise er fand mich; im Kunstunterricht. Immer und immer wieder. So befremdlich er auch klingen mag – möge es sein, dass ich von einem negativen Gefühl geprägt worden bin, dieser befremdende Satz spiegelt im inneren Kern unserer Stabile, das Wichtigste, wieder.
Die Zweifel oder das eigene Träge-Sein
Selbst ich zweifle daran, ob es nur diese eine Maxime gibt. Denn ich habe sehr viele Sachen in meinem Zimmer. Sie haben sich über die Jahre hinweg angehäuft. Ohne, dass ich wollte kam die Einfachheit der Trägheit gleich. So spiegeln sich in der Einfachheit mehrere Stationen. Denn Träge-Sein ist eine Facette. Diese erleben wir tagtäglich. Nicht immer bei uns selber, aber auch bei vielen anderen – ab und zu.
Nun das Zimmer nicht aufräumen, ist ein Zustand, der „die“ Einfachheit auf den ersten Blick nicht ausstrahlt. Auf den zweiten Blick, im Kern ist einfach die Gemütlichkeit liegen geblieben.
Wir brauchen also eine proaktive Passivität der Einfachheit. Eine Balance zwischen „Aktivheit“, Trägheit, Gemütlichkeit, Leichtigkeit, Wenigkeit und Zufriedenheit.